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Meine Frau wohnte bis zu unserer Heirat bei ihren Pflegeeltern zur Untermiete in einem Privathaus, ohne fließendes Wasser und die Toilette (Plumpsklo) auf dem Hof. Ich wohnte ebenfalls zur Untermiete ohne Heizmöglichkeit und ebenfalls ohne fließendes Wasser.

Der damalige VEB Tiefbau Magdeburg hatte inseriert, dass sie einen Maschinenbauingenieur suchen mit dem Hinweis, dass eine Wohnung gestellt werden könne. Ich bewarb mich um diese Stelle und hatte das Glück, diese auch zu bekommen. Die Freude war riesengroß. Schon bevor ich meine Tätigkeit aufnahm, wurde mir die Einraumwohnung Nr. 442 als Erstbezieher Mitte August 1967 in der damaligen Wilhelm-Pieck-Allee 15 zugewiesen, Miete monatlich einschließlich Heizung 68,50 Mark.

Es war ein unbeschreibbares Gefühl der Glückseligkeit. Die Wohnung war warm, die Fenster zum Süden, die Dusche und das WC, die Einbauschränke, die kleine Kochnische und der Müllschlucker gleich auf dem Flur (der war später oft verstopft) – es war einfach herrlich.

Auch der Pflegevater meiner Frau, er war zu der Zeit schon über 80 Jahre, ließ es sich nicht nehmen, mich in meinem neuen Zuhause zu besuchen. Besonders die Spültoilette hatte es ihm angetan. Auch den Fahrstuhl fand er gut, denn erst der ermöglichte ihm den Besuch.

Im Möbelhaus gegenüber von dem Kulturhistorischen Museum konnte ich eine hochglänzende „WiWeNa Möbelwand“ erstehen. Danach hatte ich nur noch ganze 7,77 Mark auf meinem Sparbuch. So mussten wir lange sparen, bis wir uns einen 140 Liter-Kühlschrank leisten konnten, denn ohne ihn war im Sommer trotz aller Tricks die Haltbarkeit von leicht verderblichen Lebensmitteln stark eingeschränkt. Zunächst jedoch wurde die ausklappbare Doppelliege (extra breit) bestellt.

Im Juni 1968 schlossen wir den Bund der Ehe und schon einen Tag später zog sie mit ihren paar Habseligkeiten in unsere gemeinsame erste Wohnung. So nach und nach wurde es bei uns immer wohnlicher in unserem kleinen Reich. Die kleine Kochnische wurde durch eine spanische Wand aus Bambusstöcken (Angelruten) vom Wohnraum abgetrennt. Die Bambusstöcke wurden durch Sackgewebe verkleidet und dazu wurden noch Grünpflanzen angehängt, die bei der Wärme und dem Sonnenlicht prächtig gediehen.

Ein Problem war das Aufhängen von Bildern usw. Überall, wo es unbedingt notwendig war, wurden Dübellöcher in die superharten Betonwände eingebracht mit einem speziellen dreieckig geschliffenen Steinbohrer, der per Hand geschlagen werden musste. Das war über Monate im ganzen Haus zu hören. Nur eines war recht bald sehr unangenehm, wenn die Straßenbahn einbog, da quietschten die Räder so sehr, dass man schon mal senkrecht auf der Doppelliege stand. Alle Heizkörper waren hintereinander geschlossen, konnten nicht gedrosselt oder abgestellt werden. Eine wahnsinnige Energieverschwendung, zumindest für die Mieter der Südseite war es oft unerträglich warm. Da nutzte auch keine kalte Dusche bei geöffnetem Fenster.

Ende Februar 1969 wurde unser Sohn geboren. Das Babykörbchen hatte auch noch Platz, aber es war nun Zeit nach einer größeren Wohnung Ausschau zu halten. Dazu hatten wir eine Anzeige aufgegeben zwecks Tausch in eine Zweizimmerwohnung. Wir hatten etliche Zuschriften. Was man uns da so alles angeboten hatte, es war einfach schlimm. Schließlich bezogen wir in der Welsleber Straße eine Zweizimmer-Neubauwohnung, jedoch zunächst mit Ofenheizung. In unsere Wohnung im „Blauen Bock“ zog die Mutter des Parteisekretärs des damaligen Wohnungsbaukombinates Magdeburg (WBK).

Somit endet unsere direkte Beziehung zum „Blauen Bock“. Aber immer, wenn wir wieder mal im Zentrum unserer Stadt sind, geht unser Blick in die vierte Fensterzeile rechts neben dem fünfteiligen Fenster. Das war unsere erste geliebte gemeinsame Wohnung.

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